Internationales Nachhaltigkeitsmanagement
Marcus Wagner, Universität Augsburg
Die Forderung nach mehr Nachhaltigkeit ist zwar auch international immer präsenter, aber in der stringenten Umsetzung auf allen Ebenen gibt es noch viele Lücken. Internationales Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen kann zur Lösung globaler Nachhaltigkeitsprobleme beitragen, wenn es globale Produktionsnetzwerke und Wertketten stärker einbringt.
Unternehmen müssen deutlich ernsthafter als bisher verschiedenste Anspruchsgruppen berücksichtigen und ihre Geschäftsmodelle auf alle Sustainable Development Goals (kurz: SDG) der Vereinten Nationen simultan ausrichten. Um gleichzeitig das 2-Grad-Ziel im Klimaschutz zu erreichen, wäre gleichermaßen erforderlich, dass Unternehmen auch internationale Wertschöpfungsnetze (d. h. Produktionsnetzwerke oder Wertketten) noch weitsichtiger steuern.
Dies erfordert eine über firmenspezifische Vorteile (firm-specific advantages, kurz: FSA) und länderspezifische Vorteile (country-specific advantages, kurz: CSA) hinausgehende Berücksichtigung wertketten- bzw. produktionsnetzwerkspezifischer Vorteile (value network-specific advantages, kurz: VSA) aus der internationalen Interaktion verschiedener Unternehmen in Wertketten oder Produktionsnetzwerken. VSA basieren auf zwischen Unternehmen und Ländern übergreifend angesiedelten dynamischen Fähigkeiten, die zum Teil nicht lokalisiert sind, wie zum Beispiel Treuhändersysteme. VSA sind in diesem Sinne ganzheitlich, lateral und teilweise emergent, da ihr Effekt auf Ebene des Gesamtsystems über die Summe der Fähigkeiten aller Akteure in der Wertkette hinausgeht. Damit stellen VSA auch eine nützliche konzeptionelle Erweiterung des ursprünglichen FSA-CSA-Modells dar.
In diesem erweiterten Modell können FSA, CSA und VSA verschieden ausgeprägt kombinieren (vgl. Abb. 1). Diese Konfigurationen sind unterschiedlich stabil, was zur Bildung gegensätzlicher Cluster führen kann. Um global die SDG zu erreichen, braucht es eine noch bessere Nachhaltigkeitsintegration, insbesondere in multinationalen Unternehmen, um besonders leistungsfähige Clusterkonfigurationen global zu befördern. Parallel können derartige Clusterkonfigurationen emergent entstehen, etwa wenn Unternehmen mit stark ausgeprägten FSA gehäuft in Ländern oder Regionen mit stark ausgeprägten CSA ansiedeln. Dies induziert Anforderungen in der zugehörigen Wertkette bzw. dem zugrunde liegenden Produktionsnetzwerk. Zukünftig wird eine solche externe Wertkettenkonfiguration bedeutsamer und dazu führen, dass sich VSA in Produktionsnetzwerken und Wertketten kleinteiliger verteilen. Gleichzeitig könnten VSA zunehmend auch CSA substituieren.
Innovative Steuerungsinstrumente, die neben herkömmlichen ökonomischen Aspekten auch die ökologischen und sozialen Nachhaltigkeitsaspekte systematisch berücksichtigen, helfen bei der Entstehung von VSA. So werden Ziele und Maßnahmen in allen in ein globales Produktionsnetzwerk involvierten Unternehmen derart verknüpft, dass diese langfristig ihre „Licence-to-Operate“ erhalten.
Ein weiterer Ansatz zur Absicherung der „Licence-to-Operate“ sind transnationale Prozesse der Multi-Stakeholder-Governance, die auch bei der SDG-Definition Anwendung fanden. Auch diese tragen als dynamische Fähigkeiten zur Realisierung von VSA bei, etwa durch Etablierung von Standards im Bereich des internationalen Nachhaltigkeitsmanagements.
Marcus Wagner, Universität Augsburg
Quellenangaben:
i Rugman, A. 1981. Inside the Multinationals: The Economics of Internal Markets. New York, Columbia University Press.
ii Bu, M. & Wagner, M. 2016. Racing to the bottom and racing to the top: the crucial role of firm characteristics in foreign direct investment choices. Journal of International Business Studies, 47(9), 1032-1057.