Lebenszyklusanalysen

Nachhaltigkeitsleistung ganzheitlich bewertbar machen

Rüdiger Hahn, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

„Man kann nur managen, was man messen kann.” Dies ist ein weit verbreitetes Mantra in Unternehmen. Was bei finanziellen Kennzahlen häufig relativ unproblematisch ist, führt bei ökologischen oder sozialen Fragestellungen oft zu Herausforderungen. Lebenszyklusanalysen sollen hier Abhilfe schaffen und Informationen über Nachhaltigkeitsleistungen von Produkten entlang des gesamten Lebenswegs von den Rohmaterialen bis zur Entsorgung liefern. Unter dem Stichwort „Life-Cycle Sustainability Assessment (LCSA)” werden dabei Ecological Life-Cycle Assessment (LCA oder ELCA), Social Life-Cycle Assessment (sLCA) und Life-Cycle Cost Assessment (LCC) zusammengefasst.

ELCA (deutsch auch: Ökobilanzierung) gilt als etablierte und normierte (insb. ISO 14040 and 14044) Methode zur Bestimmung von Umwelteinflüssen. Hierzu werden Stoffflüsse und deren Einfluss auf die ökologische Umwelt quantifiziert. Zwar ist dies oft komplex, da sich ökologische Einflüsse, anders als finanzielle Kennzahlen, nicht immer problemlos aggregieren lassen (z.B.: Was ist höher zu gewichten, ein negativer Einfluss auf den Klimawandel oder auf Biodiversität?). Dennoch hat sich die Methode etabliert und gilt mittlerweile als ausgereift.

Dies gilt ähnlich für LCC (deutsch: Lebenszykluskostenrechnung), welche als ökonomisches Ergänzungsstück zu ELCA verstanden werden kann. LCC fasst alle Kosten zusammen, die von unterschiedlichen Akteuren entlang des Produktlebenswegs getragen werden. Entscheidend ist hierbei, dass auch versteckte und unternehmensexterne Kosten berücksichtigt werden, wie zum Beispiel (finanzielle) Kosten für Abfallbeseitigung oder Umweltschutz. Auch für LCC gibt es verschiedene nationale wie internationale Standards.

Am deutlichsten zeigen sich Herausforderung der Bewertung von Nachhaltigkeitsleistungen im Bereich von SLCA. Mit diesem Instrument sollen soziale und sozio-ökonomische Aspekte von Produkten entlang des Lebenszyklus bewertet werden. Im Gegensatz zu den beiden anderen Bereichen gibt es für SLCA noch keine etablierten Standards. Herausforderungen bestehen vor allem in der Quantifizierung von sozialen Nachhaltigkeitsaspekten. Wie soll z.B. Kinderarbeit in einem Teil der Wertschöpfungskette bewertet werden und wie verhält sich dies im Vergleich zu nicht eingehaltenen Sicherheitsstandard in einem anderen Bereich? Und hier zeigen sich dann auch die Grenzen der Aussage “Man kann nur managen, was man messen kann.” Die Grundidee von SCLA liegt daher vor allem in der systematischen Sammlung von sozialen Einflüssen auf verschiedene Anspruchsgruppen, um Ansatzpunkte für Vergleiche sowie Verbesserungspotenzial zu liefern.

Die ganzheitliche Zusammenfassung der drei Bereiche in ein übergeordnetes „Life-Cycle Sustainability Assessment (LCSA)” soll dazu beitragen, Zielkonflikte zwischen den drei Säulen der Nachhaltigkeit offenzulegen, Verbesserungspotenziale zu erkennen und mögliche Alternativen vergleichend bewerten zu können. Hierzu müssen alle drei Analysen im Rahmen derselben Systemgrenzen und Annahmen erfolgen. Ist dies der Fall, bieten LCSA das Potenzial, auf Basis systematische erfasster Daten Aussagen zur Vorteilhaftigkeit von Produkten oder Projekten zu treffen. So wird Nachhaltigkeitsleistung zwar nicht in jedem Einzelfall messbar, zumindest aber bewertbar und damit unzweifelhaft leichter zu managen.