Markteintrittsstrategien als zentrale Entscheidung für international tätige Unternehmen
Dirk Morschett, Universität Freiburg/Schweiz
Die Wahl einer Markteintrittsstrategie wird im Internationalen Management als eine der wichtigsten Entscheidungen angesehen, da diese die Art der Kontrolle, die notwendigen Unternehmensressourcen, das Risiko und viele andere Aspekte wesentlich beeinflusst.
Die Markteintrittsstrategie beschreibt die Institutionalisierungsform der Aktivitäten für ein Gastland. Einige Autorinnen und Autoren bevorzugen den Begriff der Betätigungsform, um zu betonen, dass die Überlegungen nicht nur bei einer marktseitigen Tätigkeit gelten, sondern für alle Wertschöpfungstätigkeiten in einem Gastland, und dass sich die Institutionalisierungsform im Zeitablauf gegenüber der Eintrittsstrategie verändern kann.
Einen systematischen Überblick über die wichtigsten Markteintrittsstrategien gibt die untenstehende Abbildung.
Die zentrale Unterscheidung erfolgt dabei nach dem Wertschöpfungsschwerpunkt im Heimatland oder im Auslandsmarkt. In der Praxis beobachtet man immer häufiger eine dritte Option: den Wertschöpfungsschwerpunkt in einem Drittland (Bsp.: Apple lässt in China für den europäischen Markt fertigen). Dies stellt konzeptionell eine Kombination der Typen mit Wertschöpfungsschwerpunkt im Ausland mit einem anschließenden Export ins Zielland dar.
Die Markeintrittsstrategien sind durch unterschiedliche Eigenschaften charakterisiert, anhand derer eine Auswahl getroffen wird. Die wichtigsten Eigenschaften sind dabei
- Entscheidungshoheit (Kontrolle)
- notwendiger Ressourceneinsatz
- Flexibilität
- Risiko
- Zugriff auf Ressourcen eines Partners
Hierbei sind Trade-offs zu beachten, denn die Vorteile einer Strategie gehen meist mit Nachteilen bei anderen Eigenschaften einher.
Die gezeigten Typen stellen eine starke Vereinfachung der Realität dar. In der Unternehmenspraxis sind vielfältigere Phänomene zu beobachten:
- Unternehmen wenden in Bezug auf ein Gastland häufig nicht nur eine einzige Markteintrittsstrategie, sondern Kombinationen an. So wird eine Produktgruppe vor Ort produziert, eine andere Produktgruppe wird im Heimatland produziert und in das Gastland exportiert, und der Service wird vor Ort von einem Lizenzpartner übernommen.
- Unternehmen wechseln im Zeitablauf zwischen den Markteintrittsstrategien. Solche Wechsel führen nicht nur mit zunehmendem Erfahrungswissen zu Strategien mit einem höheren Ressourcencommitment und höherer Kontrolle. Häufig ist das Gegenteil zu beobachten, nämlich eine Reduktion des Engagements in einem Gastland, beispielsweise der Verkauf einer Produktionsstätte in einem Land und weitere Marktbearbeitung lediglich über Exporte.
- Schließlich finden auch Wechsel innerhalb einer Markteintrittsstrategie statt. So werden die Beteiligungsquoten an Joint Ventures erhöht oder reduziert oder die Wertschöpfungstiefe einer Produktionsgesellschaft im Gastland wird erhöht oder verringert.
Zusammengenommen führt dies zu einer enormen Entscheidungskomplexität für ein Unternehmen.
Insgesamt zeigt sich, dass Markteintrittsstrategien in der betriebswirtschaftlichen Forschung und Praxis seit Jahrzehnten zurecht ein zentrales Thema darstellen. Auch künftig müssen sich Forschung und Praxis intensiv damit befassen und dabei komplexere Fragestellungen beachten. Anstatt sich mit einer einzelnen Markteintrittsstrategie für ein Land zu befassen, führt die Analyse dynamischer Wechsel von einer Kombination von Betätigungsformen in einem Land zu einer anderen Kombination von Betätigungsformen zu einem realistischeren Modell des betriebswirtschaftlichen Entscheidungsproblems.
Systematik ausgewählter Markteintrittsstrategien
Univ.-Professor Dr. Dirk Morschett, Universität Freiburg/Schweiz
Quellenangaben:
Morschett, D.; Schramm-Klein, H.; Zentes, J. (2015): Strategic International Management, 3. Aufl., SpringerGabler
Welch, L.; Benito, G.; Petersen, B. (2018): Foreign Operation Methods – Theory, Analysis, Strategy, 2. Aufl., Edward Elgar Publishing
Zentes, J.; Swoboda, B.; Schramm-Klein, H. (2013): Internationales Marketing, 3. Aufl., Vahlen