Liabilities of Foreignness – Konzept, Relevanz und Implikationen

Tilo F. Halaszovich, Jacobs University Bremen

Liabilities of Foreignness sind jene Verbindlichkeiten, denen ausschließlich ausländische Unternehmen ausgesetzt sind. Damit stellen sie einen erheblichen Wettbewerbsnachteil international agierender Unternehmen dar. Neben einer Überkompensation dieses Nachteils mit eigenen Wettbewerbsvorteilen müssen international agierende Unternehmen die komplexen Ursachen von Liabilities of Foreignness verstehen und gezielt bearbeiten.

Liabilities of Foreignness (LOF) bezeichnen jene Verbindlichkeiten, denen sich ausschließlich ausländische Firmen in einem Ländermarkt gegenübersehen. Sie stellen damit ein zentrales Element des Managements internationaler Geschäftstätigkeiten dar. In ihrem Kern bilden sie einen Wettbewerbsnachteil, den international tätige Unternehmen entweder mit eigenen Wettbewerbsvorteilen überkompensieren oder aber im Zeitverlauf abbauen müssen1.

Das Konzept der LOF geht dabei über eine reine Kostenbetrachtung hinaus. Zusätzliche Kosten sind bereits dadurch unvermeidlich, dass Güter und Dienstleistungen über eine größere Distanz produziert und vertrieben werden und die Komplexität der Koordination steigt. LOF umfassen zudem Wettbewerbsnachteile, die sich aus sozialen bzw. institutionellen Aspekten ergeben. In der Literatur finden sich hierzu drei sogenannte Hazards, die ursächlich hinter den LOF stehen2.

  1. Unfamiliarity Hazard: Die mangelnde Vertrautheit eines ausländischen Unternehmens mit dem lokalen Markt kann sich in fehlendem Wissen, wie der Unkenntnis einzelner Gesetze, aber auch in fehlender Erfahrung, zum Beispiel bezüglich der Reaktionsmuster einheimischer Wettbewerberinnen und Wettbewerber, zeigen. Hieraus resultieren Wettbewerbsnachteile durch höhere Kosten, zum Beispiel erhöhter Beratungsbedarf, und ineffiziente Marktbearbeitungen.
  2. Discriminatory Hazard: Ausländischen Unternehmen wird vielfach mit einer ablehnenden Haltung begegnet. Dies kann sowohl die Einstellung der Regierung, der Nachfrager, als auch der allgemeinen Öffentlichkeit im Auslandsmarkt betreffen. Zahlreiche Beispiele hierzu finden sich unter anderem in den USA, zu denken ist beispielsweise an die „America First“-Politik von 2017 bis 2021. Auch in China und Indien sind die Gestaltungsoptionen ausländischer Firmen deutlich eingeschränkt. Neben rechtlichen Einschränkungen erwachsen Diskriminierungen oft auch aus der Unvertrautheit der Öffentlichkeit mit ausländischen Firmen, da diese unzureichend in die lokale Wirtschaft eingebunden sind.
  3. Relational Hazard: Das Management der externen und internen Beziehungen einer internationalen Geschäftstätigkeit bildet die dritte Ursache für LOF. Aufbau und Pflege externer Beziehungen im Auslandsmarkt umfassen u.a. Kosten für Verhandlungen, Überwachungen und Rechtsstreitigkeiten, sowie Investitionen in den Aufbau von Vertrauen. Dem Vertrauensaufbau kommt dabei langfristig eine hohe Bedeutung zu, da dieser die übrigen Beziehungskosten nachhaltig reduzieren kann. Intern steigt der Aufwand des Beziehungsmanagements insbesondere durch zusätzliche administrative Maßnahmen, um die Komplexitäten international unterschiedlicher Belegschaften zu bewältigen, kulturellen Unterschieden Rechnung zu tragen und opportunistisches Verhalten zu vermeiden. Als Konsequenz daraus müssen mitunter auch etablierte Routinen und Prozesse angepasst werden.

Den unternehmenseigenen Wettbewerbsvorteilen kommt damit, wie eingangs erwähnt, im internationalen Management die Aufgabe zu, sowohl relativ zum Wettbewerb Vorteile zu generieren, als auch die LOF zu kompensieren. Die Fähigkeit zur Kompensation von LOF basiert maßgeblich auf der institutionellen Komplexität des Auslandsmarkts. So konnte empirisch gezeigt werden, dass in hochkomplexen Ländermärkten, insbesondere in Schwellenländern, Wettbewerbsvorteile ausländischer Firmen hierzu vielfach nicht mehr ausreichen3.

 


Vgl. Zaheer (1995), S. 342ff.

2 Vgl. Eden und Miller (2004), S. 197ff.

3 Vgl. Halaszovich (2020), S. 118.

Tilo F. Halaszovich, Jacobs University Bremen

        

Quellenangaben:

Eden, L., & Miller, S. R. (2004). Distance Matters: Liability of Foreignness, Institutional Distance and Ownership Strategy. Advances in International Management, 16, 187–221.

Halaszovich, T. F. (2020). When foreignness becomes a liability: the effects of flawed institutional environments on foreign versus domestic firm performance in emerging markets. European Journal of International Management, 14(1), 118–143.

Zaheer, S. (1995). Overcoming the Liabilitiy of Foreigness. Academy of Management Journal, 38(2), 341–363.