Virtual Reality Shopping

Jella Pfeiffer, Justus Liebig-Universität Gießen

Die Zukunft des E-Commerce könnte auch in der virtuellen Realität liegen. Diese bietet zusätzliche Vorteile durch ein besonderes Kundenerlebnis, insbesondere durch verbesserte Darstellungsmöglichkeiten der Produkte und reichhaltige Interaktionsmöglichkeiten wie Blicke oder Gesten. Doch spielen Aspekte des Datenschutzes wegen der zahlreichen multimodalen Daten eine noch größere Rolle, als es im E-Commerce schon jetzt der Fall ist.

Stellen wir uns vor, dass wir zukünftig nicht mehr per Desktop oder Handy auf einer E-Commerce Plattform einkaufen, sondern in einer virtuellen Realität (VR), welche uns komplett umgibt. So könnten wir uns den Supermarkt oder das Kaufhaus direkt in unser Wohnzimmer holen oder ganz neuartige Einkaufswelten erfahren. VR bezeichnet eine computergenerierte, 3-dimensionale Welt, die interaktiv erkundet werden kann. Auch wenn es VR schon seit vielen Jahrzehnten gibt, hat sie durch jüngst auf dem Markt erhältliche, preiswerte Head-Mounted Displays (HMDs) einen Hype erfahren.

HMDs ermöglichen stereoskopisches Sehen und erzeugen so eine 3-dimensionale Welt um die Träger herum. Die Erzeugung von Immersion ist eine Haupteigenschaft von VR und beschreibt das Ausmaß, zu dem das System eine „inclusive, extensive, surrounding and vivid illusion of reality to the senses of a human participant“ liefert (Slater & Wilbur (1993), S.3).  Die gängigen Modelle von Oculus, HTC und Valve erreichen eine hohe Immersion, da sie das Blickfeld komplett abschotten und so nur die virtuelle Welt wahrgenommen wird. Eine höhere Immersion erzeugt eine höhere Telepräsenz, so dass sich Benutzerinnen und Benutzer fühlen, als befänden sie sich in einer anderen Welt. Neben der Immersion sind Interaktionsmöglichkeiten zur Erzeugung einer hohen Telepräsenz entscheidend. Die Interaktion in der VR ist multimodal und daher vielseitig. Benutzerinnen und Benutzer können beispielsweise über Joysticks, Handbewegungen oder Spracheingabe, aber auch über ihre Blicke interagieren. Die Fortbewegung kann über Erkennen der Position im Raum, Erkennen von Laufbewegungen, Teleportieren mittels Tastendruck oder über Laufbänder geschehen.

Die Immersion und die Interaktionsmöglichkeiten der VR sind im Bereich des Handels interessant, denn neben den Annehmlichkeiten des traditionellen E-Commerce können durch VR weitere Vorteile entstehen, wie das Betrachten von Produkten in realer Größe und in 3D. Auch könnten zum Beispiel, natürlich unter entsprechendem Programmieraufwand, Produktfunktionen in der VR interaktiv erfahren und ausprobiert werden, wie die Bedienung eines Küchengeräts. Nutzenstiftung für User, wie die verbesserte Produkteinschätzung, konnte bisher jedoch nur eingeschränkt gezeigt werden. Gründe hierfür können eine geringe Displayauflösung, zu hoher Programmieraufwand für die realitätsgetreue Produktinteraktion oder Cyber-Sickness (die Simulationskrankheit) sein. Es ist jedoch zu vermuten, dass diese Aspekte aufgrund des rasanten technischen Fortschritts bald der Vergangenheit angehören. Zudem belegen mehrere wissenschaftliche Studien schon den Mehrwehrt von VR im Bereich der User Experience. Die VR Umgebung wirkt sich positiv auf den empfundenen Spaß und andere Emotionen aus und verstärkt Hedonismus (Xi & Hamari (2021)).

Wir sehen den Mehrwehrt von VR Shopping besonders in den Bereichen der Personalisierung (Pfeiffer et al. 2021). In der VR können Interaktionsdaten, insbesondere auch Blickdaten der User verwendet werden, da das Blickverhalten viel über Entscheidungspräferenzen und -verhalten verrät. Benutzerinnen und Benutzer könnten so hoch personalisiert von einem digitalen Assistenzsystem bei der Entscheidung unterstützt werden. Generell birgt VR Shopping noch viel Potenzial auch im Bereich der sozialen Präsenz durch Avatare oder der Entstehung von neuen Einkaufswelten. Wenngleich dieses Potenzial spannend für die Forschung ist, sollten Risiken im Bereich des Datenschutzes mitgedacht und adressiert werden. Blickdaten, zum Beispiel, könnten zur Identifikation von Personen verwendet werden und können etwas über deren Gesundheitszustand und Emotionen verraten. Inwiefern sich VR Shopping zukünftig durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Amazon, eBay, Saturn und IKEA haben dazu erste Anwendungen auf den Markt gebracht, aber noch hat sich keine davon durchgesetzt.

Jella Pfeiffer, Justus Liebig-Universität Gießen

Quellenangaben:

Pfeiffer, Jella; Pfeiffer, Thies; Meißner, Martin; Weiß, Elisa (2020). Eye-Tracking-Based Classification of Information Search Behavior using Machine Learning: Evidence from Experiments in Physical Shops and Virtual Reality Shopping Environments. Information Systems Research (ISR), 31(3), 675-691.

Slater, Mel, & Wilbur, Silvia (1997). A framework for immersive virtual environments (FIVE): Speculations on the role of presence in virtual environments. Presence: Teleoperators and Virtual Environments, 6(6), 603–616.

Xi, Nannan, & Hamari, Juho (2021). Shopping in virtual reality: A literature review and future agenda. Journal of Business Research, 134, 37-58.