Homeoffice
Auf die Gestaltung kommt es an
Stefan Süß, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Die COVID-19-Pandemie hat der Arbeit im Homeoffice einen Verbreitungsschub gegeben. Klar ist: Homeoffice muss individuell gestaltet werden, um seine Potenziale zu realisieren und Gefahren zu vermeiden.
Die COVID-19-Pandemie hat die Arbeitsbedingungen von Millionen Menschen schlagartig verändert, indem ein Großteil der Wissensarbeit in das Homeoffice verlagert und die digitale Zusammenarbeit intensiviert wurde. Arbeitszeiten und Arbeitsorte wurden flexibler und seit Beginn der COVID-19-Pandemie arbeitet fast die Hälfte aller Berufstätigen in Deutschland zumindest teilweise von zuhause aus. Klar ist – der Trend zum Homeoffice wird die Pandemie überdauern.
Wie beeinflusst die Arbeit im Homeoffice die Beschäftigten? Zum einen birgt sie Gefahren wie ergonomische Belastungen, wenn im Homeoffice kein adäquater Arbeitsplatz besteht, und kann zu einer erhöhten Stresswahrnehmung sowie zu empfundenen Work-Life-Konflikten führen. Allerdings hängt dies maßgeblich von der subjektiven Segmentationspräferenz ab, also dem Wunsch, klare Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu ziehen: Kann man diese infolge des Homeoffice nicht mehr gewährleisten, möchte dies aber, steigt der empfundene Stress. Auch die Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben haben sich zu Beginn der COVID-19-Pandemie durchschnittlich etwas erhöht.1 Konfliktverstärkend wirken spezifische Rahmenbedingungen im Homeoffice, wie z. B. Ablenkung und erhöhte Lautstärke durch Familienangehörige.
Zum anderen kann digitale Arbeit im Homeoffice aber auch so gestaltet werden, dass Stress vermieden und gesundheitsförderliche Potenziale aktiviert werden. Beispiele sind der Einsatz von digitaler Technik, um die Organisation der Arbeit zu verbessern (z. B. Entlastung von Routinearbeiten, Software-Unterstützung bei komplexen Vorgängen), oder die Nutzung mobiler Endgeräte, um den Beschäftigten mehr Freiheiten bei der Wahl von Arbeitszeiten und -orten zu eröffnen.2 Zudem lassen sich durch die Homeoffice-Nutzung Verbesserungen hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Arbeitszufriedenheit, Mitarbeiterbindung und Arbeitgeberattraktivität erreichen.
Welche Konsequenzen hat Arbeit im Homeoffice für die Produktivität der Beschäftigten? Die Befunde dazu sind äußerst heterogen. In einer eigenen Studie konnten wir feststellen, dass die Beschäftigten zu Beginn der Pandemie einen Produktivitätsrückgang um rund 10 Prozent angaben.3 Im Laufe des Sommers 2020 ist die selbsteingeschätzte Produktivität um über sieben Prozent angestiegen. Dabei fällt auf, dass Beschäftigte, die zwischenzeitlich wieder ins Büro zurückgekehrt waren, signifikant niedrigere Produktivitätseinschätzungen angeben, als jene, die weiterhin im Homeoffice arbeiten. Der Befund ist überraschend, könnte aber damit zusammenhängen, dass Beschäftigte im Homeoffice unter erhöhtem Erreichbarkeitsdruck stehen und tendenziell mehr arbeiten. Außerdem entwickeln sie mit der Zeit neue Routinen, um den Arbeitsalltag im Homeoffice besser zu strukturieren. Generell zeigt sich, dass geringe Erfahrung mit digitaler Arbeit im Homeoffice stressverstärkend und produktivitätsmindernd wirken kann.
Was bleibt? Homeoffice wird auch nach der Pandemie eine viel genutzte Arbeitsform sein. Allerdings kann es für das Homeoffice keine Standardlösungen geben. Während einige Mitarbeiter im Homeoffice eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben empfinden, nehmen andere erhöhten Stress oder soziale Isolation wahr. Es bedarf daher individueller Lösungen, etwa hinsichtlich der Aufteilung der Tage im Büro und im Homeoffice, aber auch einer gut strukturierten Zusammenarbeit zwischen dezentralen Beschäftigten. Dabei sollte der soziale Austausch nicht zu kurz kommen. Vielleicht kann die gemeinsame digitale Kaffeepause den Austausch in unmittelbarer Interaktion nicht ersetzen – sie ist aber ein Anfang…
Stefan Süß, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Quellenangaben:
1 Süß, Stefan/Ruhle, Sascha/Schmoll, René (2020): Studie zum Thema Arbeiten im Homeoffice während der Corona-Pandemie, https://www.orgaperso.hhu.de/unsere-forschung/studie-zum-thema-arbeiten-im-homeoffice-waehrend-der-corona-pandemie, 24.04.2021
2 Tarafdar, Monideepa/Cooper, Cary/Stich, Jean-François (2019): The Technostress Trifecta - Techno Eustress, Techno Distress and Design: Theoretical Directions and an Agenda for Research, in: Information Systems Journal 29 (2019/1), S. 6-42
3 Süß, Stefan/Ruhle, Sascha/Schmoll, René (2020): Studie zum Thema Arbeiten im Homeoffice während der Corona-Pandemie, https://www.orgaperso.hhu.de/unsere-forschung/studie-zum-thema-arbeiten-im-homeoffice-waehrend-der-corona-pandemie, 24.04.2021